Schießpulver
 
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Prosa
Konzept


Als ich damals so stand, saß oder einfach wahr war, ein Bündel molekularer Massen in der Zwischenwelt, im Niemandsland, und die Schöpfung um mich, da hatte ich geliebäugelt mit dem Dasein in einem wie auch immer gearteten Körper, wobei ich nicht weiß, ob das alles so ganz mit rechten Dingen zuging. Ich hätte auch ein Tier werden können, ein Insekt oder eine Spinne - vielleicht aus der Unterordnung Mesothelae?
Ich sah kreative Geister, Seelen wie ich waren sie, versteckt in Körpern, mit Verstand, den sie gebrauchten zum Schreinern, Malen, Bildhauern, Häuserbauen; ich konnte Gärtner beobachten und... ich wollte dabei sein.
Mein Blick war auf die Welt und die Menschen fixiert und gefühlt, ohne zu richten, habe ich kurzum: ein Sehnen nach dieser Form gespürt.
Welchen Verlauf alles nahm, wer mich zu zeugen und zu gebären auserwählt wurde, wie ich körperlich und geistig heranwuchs, das alles ist nebensächlich. Mein Dasein in einer hochzivilisierten Welt – nein, Gesellschaft, hat sich als eine Vielzahl von Maschen und Mustern ergeben.

Ich stricke leidenschaftlich gern, und das seit mehr als zehn Jahren. Von Schlauch- über Netz- und Gitter- bis hin zum Kreuzpatent, Perl-, Reiskorn, Ziegelmuster: die Stricknadeln klappern unentwegt und immerzu. Okay, dann, wenn ich nicht arbeiten muss. Wenn niemand hinsieht, surfe ich auf der Arbeit im Internet nach neuen Strickmoden. Feierabends habe ich schon eine Fülle von Gedanken und Vorstellungen, wie mein nächstes Strickmuster aussieht, wie es mir gefällt, wie es wirkt. Auf dem Weg heim komme ich nicht an Wollgeschäften vorbei – ich muss hinein und schauen, meist kaufe ich ein bis zwei Pfund Wolle, Baum-, Schafs- oder Mohair-, manches Mal auch Mischwolle, um Abwechslung in meiner Wollschublade zu wissen. Die Farben sind mir dabei allerdings egal. Sie waren schon immer Nebensache.

Stricknadeln verschiedener Stärken führe ich generell in meiner Handtasche mit mir. Oft kommt es vor, dass ich nicht warten kann, bis ich zu Hause bin, sondern einfach losstricken muss – irgendwo, auch mal in einer Kneipe am Fenster. Ein paar Dutzend Schals warten noch auf ihre Träger. Wenn ich aus einem Wollrest ein gutes Stück gestrickt habe und die mitgeführte Wolle verbraucht ist, ribble ich alles wieder auf, wickle sie liebevoll zu einem neuen, kugelrunden Knäuel und beginne von vorn. Das übt. Und ich liebe kugelrunde Knäuel. Oft gehe ich erst nach Mitternacht heim, von wo auch immer. Meine Familie schläft dann schon. Das ist besser so, denn ich mag nicht abgelenkt werden von meiner Handarbeit, und ich hasse Rechtfertigungen. Erich und Sebastian, mein Mann und mein Sohn, waren noch nie wirklich begeistert von meiner Leidenschaft. Sebastian hätte gern, dass ich mal wieder sein Lieblingsgericht koche: Rouladen in Pilzsauce mit Salzkartoffeln und Rotkohl. Erich hätte wohl vor allem gern mal wieder Sex. Aber ich bin für mich da, für mich allein auf der Welt, war es von Anfang an. Ich lege keinen Wert mehr auf Menschen um mich, außer – sie würden ebenfalls stricken.

Schließlich hätte es ja durchaus mal passieren können, dass ich eines Tages etwas Richtiges fertigstelle. Mein größter Wunsch wäre gewesen, einmal einen richtigen Pullover für Erich hergestellt zu haben, den er auch anzieht, auf den er stolz ist – naja, auf den zuallererst natürlich ich stolz hätte sein können, da will ich ehrlich sein. Ja. Einen schicken, außergewöhnlichen Pullover mit V-Ausschnitt und Zopfmuster, an den Schultern beginnend und die Ärmel entlang, abschließend mit breiten zweirechts-zweilinks-Manschetten zum Umschlagen. Darunter hätte er eines seiner guten Boss-Hemden tragen können. Jeder hätte diesen Pullover gesehen, den von mir gestrickten Pullover. Aber das alles ist Wollfaser von gestern. Heute Nacht ist es passiert, einfach passiert: Ich habe mich verheddert.

Ein Knoten in der Wolle hat mir alles zunichte gemacht. Ich bin wehrlos gegen diesen Knoten. Und was das für einer ist! Kein einfacher, nein, sicher 250 Gramm wiederaufgerollter Wolle hat sich streckenweise dermaßen ineinander verschlungen, dass es mir unmöglich ist, diesen Teil einfach hinauszuschneiden und wegzuwerfen, als Reihenbeginn 2 Fäden zu lassen, die ich unbemerkt beim Zusammenfügen der Vor- und Rückseite hätte vernähen können. Es ist zuviel Material, die Manschetten würden dabei draufgehen.

Ich habe mir aus Verzweiflung ein paar doppelte Wodka bestellt, und das ist gut so – die Bedienung schien verständig, sie hatte vielleicht eine Ahnung von meinem Zustand. Es ist halb vier Uhr morgens, Feierabend, der Wirt hat mich gebeten zu gehen. Und ich tappe im Dunkeln. Ich werde nicht mehr heim gehen, nicht zu meiner Familie. Die verhedderte Wolle ruht in meiner Handtasche. Ach nein, sie ruht nicht, genausowenig wie ich. Sie brennt, sie lacht mich aus, verhöhnt mich, sie zeigt mir einen Vogel, sie beschämt mich.

Alles ist vertan, vorbei.
Ich habe versagt, und die Wolle, das Stricken, meine Passion, meine Berufung, ist mir zum Verhängnis geworden. Das nennt man also 'Tücke des Objekts', klingt noch mein letztes Fünkchen Kraft in mir nach. Um zu erlischen. Ich will zurück, nur zurück. Keinen Körper mehr haben, kein Gesicht, keine Gestalt. Ich suche meine Stricknadeln, in der Dunkelheit wühle ich, die Handtasche offen auf nassem Asphalt und ich vor ihr knieend, durch alle bekannten Utensilien, bis ich sie habe. Endlich. Sie sind mein Schicksal, diese Nadeln, Sie werden es bleiben. Ich sehe sie ein letztes Mal an, denke an die Möglichkeiten, die ich vertan habe. Ich berühre erst probeweise sacht mit der Spitze mein wundes Manipura-Chakra. Sie werden mich erlösen, meine Nadeln. Auf sie ist Verlass. Sie waren schon immer meine Waffen gegen das, was Dasein heißt.



ein Bild



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Gedanken-Schachzüge eines Forumbetreibers

'Du stinkst wieder wie vergammelter Appenzeller, und wenn ich dich den ganzen Tag in deinem geripptem Unterhemd und der Jogginghose dasitzen sehe .... Also, ich geh jetzt mal. Kannst Dich ja nützlich machen! Und – putz' mal endich die Küchenschränke!'.

Und weg ist sie. Sie sagt nie 'Küchenschränke', sie sagt 'Chuchichäschtle', sie spricht sowieso schweizerisch. Aber ich schieb meine Gedanken eventuell in meinen Blog und stelle sie für die Flüstertüten-Company zur Verfügung.. Wird Zeit, dass die mal wieder was vom Meister lesen. Die Tür hat sie zugeknallt. Ein Glück! Die hat doch nicht alle Tassen im Schrank.


Wisst Ihr doch. Ich hab' Wichtigeres zu tun, als mir ein krummes, niedergedrücktes Verdienstkreuz zu schaffen. Kleingeistigkeit regt mich auf – alles Vollidioten. Sie ist auch nicht weit davon entfernt, obwohl ... wir haben geheiratet. Das widerspricht sich jedoch nicht. Okay, ist grotten-konservativ, aber sie wollte es so. Außerdem ist sie mir gegenüber jetzt unterhaltspflichtig. Bitte! Sie wollte es!

Mich juckt das nicht. Mein Auftrag ist ein anderer. Ich tippe um mein Leben, sehe geradeaus und direkt in den Screen. Menschen dienen mir. Ja, sie dienen mir als Randfiguren für all das, was ich anklage und wogegen ich mich wehre:

Dummheit gepaart mit Dreistigkeit, Kleingeist und Deutschtum. Und das Rennen um Anerkennung oder Macht. Ich bin JEMAND, ganz anders, ich bin so etwas wie ihr Strippenzieher, sie sind meine puppets on a string. Ich bin immerhin Avantgardist und kein Stück Pöbel.


Ist wieder keiner online. Hähä, soll sie doch arbeiten gehen, sollen sie doch alle arbeiten gehen – ohne mich. Ich werde entdeckt, Go(l)dfisch unter Silberfischen, eigentlich der Goldene Hai. Nur - die meisten Verlage haben keine Ahnung, bloß korrupte Arschlöcher sitzen da. Alles muss ich alleine machen. Nicht nur Pressemitteilungen und Interviews hab ich mir ausgedacht, sondern mir gleich noch einen Verlag namens "LHB" (Läsionen Heulender Berserker) ins Leben gerufen, der meine Bücher groß rausbringen wird. Hähä. Jedenfalls versprach mir das die Verlegerin Renetta Kreis, der ich - Genie durch und durch - gleich noch eine Website zuteil werden ließ. Keiner honoriert nur irgendetwas, weil keiner die Arbeitszeit ermessen kann, die ich schon früher in meinen nicht stattgehabten Lebens'lauf' investiere. Das muss ja alles überlegt werden, und der virtuellen Tante noch ne Website verpassen... keiner ahnt meinen Zeitaufwand für die Seite von Renetta Kreis. Hahaha! Der Rest der Akne-/Neurodermitiker kriegt ja den Hintern nicht hoch.

Alles Andere reißt sich um mich, am meisten die Weiber. Sie finden mich sexy. Und das bin ich. Karina Nina hat keine Ahnung, wer sich erbarmt hat. Naja, erbarmt? Keine Spur. Spuren zieh ich mir ab und zu.

Ich hab es im Griff. Und kommt mir jemand dumm, fliegt er raus, beweist einer mir gar Wissenslücken, wird er Admin, Mod oder gebannt. Abgerichtet. Haha! Dummes Volk, ich lerne von dir! Letztlich sind die 'Flüstertüten' von mir ins Leben gerufen worden, von mir und Dirk. Damals. Dann war der weg, ich blieb da. Alles geht seinen Gang. Ich gehe meinen. Im Internet geht Alles.


Was hatte Karina eigentlich eben? Kommt doch schließlich kein Besuch? Warum sollte ich mich umziehen? Wen juckt's – außer mich – wenn ich nicht dusche? Ich habe zu tun, habe eine Mission, eine höhere. Und Piggy hat Kermit lieb. Ich sollte mal wieder als ne Loyalitätsprüfung vornehmen, mich im Forum als Troll geben.. Ein bisschen Splitt muss sein, das reizt.


Nächste Woche treffe ich mich mit Mamilla. Auch die ist geil wie Nichts auf mich. Weil ich der Größte bin. Davon ist sie überzeugt, sie weiß es – sie ist eine von denen, die das zu wissen schätzen. Nun gut, nicht körperlich – ich bin um die einssiebzig, knapp – dennoch - keiner kann mir das Wasser reichen. Sie will sich ausgezeichnet fühlen durch mich. Wollen sie alle. Ich hoffe, sie ist nicht größer als ich – von Gestalt, versteht sich. Dass ich ungern unter Menschen bin, konnt' ich ihr nicht schreiben, muss meinen Ruf wahren: Schreien soll sie vor Entzücken, mich treffen zu dürfen. Vielleicht komm' ich auch um Sex herum.


Der Spiegel bestätigt: Du bist der Hai, der güld'ne, mögen die Abtrünnigen und Nicht-Surrealisten sagen, was sie wollen – ein Schrottschönling bist Du nicht.

Ich werd' mich umziehen zu diesem Termin, nicht auffällig, nicht gewollt, und mein Lieblings-Kuscheltier, das steck ich mir in die Jeansjacken-Brusttasche, dann kann nichts schiefgehen. Ich kann nur Jedem raten, Fetische zu tragen. Noch ein Blick in den Schuhschrank, Planen ist wichtig – meine Mokassins! Sie machen mich nicht physisch groß, aber sie unterstreichen und beteuern mein eingestelltes Curriculum vitae. Und meine Mondänität. Die Lederstrumpf-Rolle. Gut. Vorher noch ein bisschen H2O2, - ist am Scheitel wieder fällig - und schon klappt das. Alf soll mir noch diese Pillen mahlen... ich schreib's ihm per PN. Hoffentlich geht Karina-Nina einkaufen. Sie will doch, dass ich zufrieden bin und in Ruhe schreiben kann, weil sie noch nie was annähernd Gutes gelesen hat.
Meine Kippen sind bald alle. Beim Briefkowack hat sie hoffentlich neuen Wein bestellt. Okay. Weitertippen.

Surreales! Ja, verschlüsselt verpacken, dann kann man die Dummköpfe wieder beeindrucken. Man muss nur vehement vertreten, dass es surreal ist. Vielleicht nenn' ich es 'Gambit', vertausche die Rollen und manövriere das Ganze um – merkt eh keiner. Und wenn schon. Der fünfte Admin oder der siebente Moderator oder der Zehnte, dem ich mein 'dummes Arschloch' unterjuble. Bei schließlich immerhin dreiundzwanzig Mitgliedern. Rechnet sich. Hahaha!


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Redendes Buch

Ich stehe mit anderen Werken im Bücherregal meines neuerlichen Besitzers. Vielleicht habe ich sieben Siegeln, eventuell bin ich eines der offenen. Jeder Leser hat seine ganz eigene Sichtweise, persönliche Erfahrungen, Phantasien und Empfindungen. So würde wohl ein Jeder anders antworten.

Mein Erinnerungsvermögen reicht gerade aus, um sagen zu können, wann ich gedruckt wurde. Über meinen Verfasser weiß ich nicht sonderlich viel außer seinem Namen und dass er teils Tag und Nacht an mir und meinen Inhalt arbeitete. Nicht selten hielt er seine Fingerspitzen an Stirn und Schläfen gepresst, während er unruhig durch die Wohnung lief, hin und her.

Man kann sich das vorstellen wie bei einem Mozart, einem Haydn, einem Beethoven als Schüler beider, wie er abends komponierend mit Kerzen am Flügel das siebente Notenblatt zerreißt.. Irgendwo in einer kleinen Kammer in Wien die weiße Langhaar- Lockenperücke mit dem vielleicht samtschwarzen Bändchen um den Zopf sich vom Schädel zerrt, um seine Kreativität zu befreien. Von einem Schädel, von dem das Haar schon ab Mitte Zwanzig den Kopf wie welkes Blattwerk den Baum verlassen hat.

Verzweifelt hatte er das Manuskript seinerzeit zu mehreren Verlagen gesandt, sich selbst unschlüssig, ob nun die endgültige Version vorläge.

Das ist sozusagen mein Blick in die Vorvergangenheit, und ich denke, eigene meiner Mitbücher vermögen ihre Werdung ebenso zu erinnern. Was mir Sorgen macht, ist die spätere Vergangenheit, die jüngere. Weil ich sie nicht erinnere. Wer nahm mich das erste Mal zur Hand – wer schlug mich als erster Leser auf? Durch wie viele Hände bin ich seither gereicht worden?

Ich stehe also im Regal, zwischen andere Bücher gequetscht, mein Einband ist an den Ecken eingedrückt, viele Seiten wurden mit 'Eselsohren' versehen – oder es ist einfach passiert. Einige Textstellen wurden markiert, auf etlichen Seiten wurden Fußnoten angebracht.

Ich erinnere mich an Sonnenschein und dass ich schon mehrfach aufgeblättert auf einem Tisch lag, der Wind meine Seiten flattern ließ, ein wenig Regen mein Papier tränkte. Und wie ich dann rasch geschnappt und schützend in einen Rucksack zwischen feuchte Badesachen gestopft wurde.

Allerdings habe ich mittlerweile zu viel Zeit im Dunkel verbracht, in Kisten, in Kellern, in Containern. Als Stütze wackliger Schränke sogar fungierte ich. Manchmal wäre mir lieber gewesen, ich wäre endlich einfach vermüllt worden, zerrissen, geschreddert oder verbrannt. Blättert heutzutage jemand in mir, riecht er leichten kellerüblichen Moder. Auf dem speckigen ledernen Lesezeichen, das zwischen Hauptteil und Epilog klebt, steht in eingepressten Lettern mein Titel: 'Mea culpa'. Es mag Jemanden gegeben haben, der sich dadurch angesprochen fühlte.



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Krötenpage/Echsenschuss  
   
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